Wer eine Erziehungsstelle nach § 33 Satz 2 SGB VIII werden und ein Pflege- bzw. Erziehungsstellenkind aufnehmen möchte, muss einige Voraussetzungen erfüllen. Diese sind bisher in keinem bundeseinheitlichen Gesetz festgeschrieben. Dennoch gibt es Kriterien, die für die Beurteilung einer Eignung als Erziehungsstellenfamilie gemäß § 33 eine Rolle spielen.
Diese Beurteilungskriterien kann man in zwei Kategorien einteilen:
Wir haben hier die wichtigsten Punkte zusammengefasst.
Was bedeutet das im Detail?
Die Erziehungsstelleneltern und alle im Haushalt lebenden Personen ab 16 Jahren müssen ein einwandfreies erweitertes polizeiliches Führungszeugnis vorlegen. Das gilt nicht nur für die Pflege- oder Erziehungsstelleneltern, sondern zum Beispiel auch für mögliche leibliche Kinder oder Großeltern, wenn diese im gleichen Haushalt leben.
Für das Pflegekind/Erziehungsstellenkind muss ein eigenes Zimmer als Rückzugsort zur Verfügung stehen. Darüber hinaus sollte das Zuhause der Familie sich im Allgemeinen für den Einzug eines Kindes eignen.
Erziehungsstelleneltern müssen in gesicherteren wirtschaftlichen Verhältnissen leben. Die Entscheidung ein Kind aufzunehmen, sollte von Herzen kommen und nicht finanziell motiviert sein. Die finanzielle Honorierung der Pflegeleistung durch das Jugendamt sollte also nicht den Lebensunterhalt der Familie bestreiten.
Erziehungsstelleneltern benötigen ein ärztliches Gesundheitszeugnis, um sicherzustellen, dass ihr Gesundheitszustand sie nicht daran hindert, das Pflegekind/Erziehungsstellenkind gut zu versorgen. Das bedeutet im Umkehrschluss nicht, dass man keine Erkrankung haben darf. Wichtig ist eine offene Kommunikation als solide Grundlage für eine Einzelfallentscheidung.
Beim örtlichen Jugendamt dürfen keine negativen Einträge über die potenziellen Erziehungsstelleneltern vorliegen.
Wer ein Pflegekind/Erziehungsstellenkind aufnimmt, muss über die zeitlichen Ressourcen verfügen, sich angemessen um ein Kind kümmern zu können.
Alle Familienangehörigen, bzw. alle im Haushalt lebenden Personen, sollten mit der Aufnahme eines Kindes einverstanden sein. Auch mit leiblichen Kindern (falls vorhanden) sollten zukünftige Erziehungsstelleneltern vorab offen in den Austausch gehen, denn die Aufnahme eines Kindes hat auch Auswirkungen auf ihr Leben.
Ein stabiles Umfeld und langfristige Beziehungen und Bindungen zu anderen Menschen (familiär, partnerschaftlich oder freundschaftlich) geben uns Halt, Orientierung und Sicherheit. Wer verlässliche Menschen an seiner Seite hat, erfährt Unterstützung, Verständnis und kann meistens ein offenes Ohr finden. Eine wichtige Ressource für alle (Pflege- und Erziehungsstellen-)Eltern.
Die persönliche Eignung spielt bei der Auswahl von Erziehungsstelleneltern eine besondere Rolle. Welche persönlichen Stärken bringen die zukünftigen Eltern mit und auf welche individuellen Ressourcen können sie zurückgreifen, um ihrer verantwortungsvollen Aufgabe mit allen Höhen und Tiefen langfristig nachkommen zu können?
Wer ein Kind aufnehmen möchte, sollte über folgende Eigenschaften verfügen:
Pflegekinder/Erziehungsstellenkinder bringen ihren eigenen Rucksack an Erfahrungen mit. Dieser kann grösser oder kleiner ausfallen, mal mit mehr oder weniger Gewicht befüllt sein und mal früher oder später geöffnet und ausgepackt werden. Für die Erwachsenen bedeutet das erst einmal geduldig zu sein und dem Kind empathisch und offen zu begegnen. Auch ein hohes Maß an Einfühlungsvermögen ist gefragt.
Zukünftige Pflege- und Erziehungsstelleneltern sollten sich auch darüber im Klaren sein, dass sie eine Art „öffentliche“ Familie werden. Es sitzen immer weitere Parteien mit am Entscheidungstisch. Das Jugendamt gehört zum Beispiel dazu. Oft haben Pflegekinder/Erziehungsstellenkinder Vormünder:innen. Manchmal liegt das Sorgerecht auch bei den leiblichen Eltern. Erziehungsstellenfamilien werden zudem von einem freien Träger – wie Context e.V. – begleitet und beraten. Manche Entscheidungen kann man daher nicht allein treffen und die Zusammenarbeit aller Beteiligten ist gefragt. Daher sollten Pflege- und Erziehungsstelleneltern kommunikativ sein und ein hohes Maß an Kooperationsbereitschaft besitzen.
Dazu kommt noch der normale Familienalltag. Das Leben mit Kindern, egal ob leibliche Kinder oder Pflegekinder/Erziehungsstellenkinder, ist oft überraschend, hält sich nicht an Pläne und bringt alle Eltern gelegentlich aus dem Takt. Wer mit Kindern zusammenlebt, sollte auf jeden Fall belastbar, tolerant und flexibel sein, um am Ende des Tages auch mal Fünfe gerade sein zu lassen.
Leser:innen, die mehr über den Familienalltag als Erziehungsstelle erfahren möchten, sind herzlich eingeladen hier eine unserer Familien kennenzulernen.
Wer mit dem Gedanken spielt ein Kind aufzunehmen, erfährt hier mehr über den individuellen Weg zur Erziehungsstelle.
21. August 2024
13. August 2024